Die Einweihung am 21.
August 1904
Kaum war der 19. Juli Vergangenheit, da
nahte schon der 22. August, an dem sich zahlreiche Harzklubmitglieder und
Freunde des Harzes auf dem etwa 2 Stunden von Lauterberg entfernt liegenden
„Großen Knollen“ zur gebührenden Einweihung des aus Harzklubmitteln dort
erbauten neuen steinernen Aussichtsturmes vereinigten. Ein ganz besonders
herrlicher Tag war der Feier beschieden. Die Sonne brannte nicht gar zu
heiß. Ein leicht bewegter Windhauch brachte ab und zu die erwünschte
wohltuende Kühlung. Auch war es ein Tag so recht zum Wandern geschaffen, und
da konnte es nicht Wunder nehmen, dass recht viele die Gelegenheit
benutzten, um zu der stolzen Bergeshöhe emporzusteigen und Taufzeuge bei der
Einweihung des neuen Turmes zu sein. Der überwiegend größte Teil der
Besucher war von Lauterberg gekommen, daneben waren die benachbarten
Harzorte Sieber, Scharzfeld, Herzberg und St. Andreasberg ebenfalls
zahlreich vertreten. Zu ihnen gesellten sich viele Kurgäste und Fremde von
Lauterberg und aus benachbarten Badeorten. Aber auch aus weiterer Ferne
(Göttingen, Sangerhausen u.a.m.) waren Harzklubvertreter zur Teilnahme
gekommen. Die stattliche Versammlung nahm das ganze Plateau bei dem Turm
vollständig in Anspruch, und es gewährte einen malerischen Anblick zu sehen,
wie sich Damen und Herren auf den Bänken, auf Steingeröll oder Baumästen im
Walde zu einem fröhlichen Picknick niedergelassen hatten, zu dem ein Glas
Bier oder dergl. vorzüglich mundete. Gelegenheit zu Erfrischungen war
gegeben. Von Lauterberg hatte man für die durstigen Seelen einen Wagen mit
voll gefüllten Bierfässern, Kisten mit Sauerbrunnen und anderen Getränken
heraufgeschickt, damit es an nichts mangele. Für musikalische Unterhaltung
sorgte die Kurkapelle aus Lauterberg.
San. Rat Dr. med. August Friedrich Emil
Tischmann bei der Einweihung des „Knollenturmes" am 21. 8.1904.
Kurz nach 12 Uhr wurde ein Signal
gegeben, dass der Akt der eigentlichen Einweihung des Turmes nunmehr vor
sich gehen solle. Alle traten in unmittelbarer Nähe des Turmes zusammen, und
nachdem der anwesende Gesangverein „Liedertafel Eintracht“ ein
vaterländisches Lied gesungen hatte, hielt Herr Oberstleutnant L e h m a n n
aus Göttingen eine Ansprache, in welcher er seiner Freude darüber Ausdruck
gab, dass das Werk nunmehr vollendet, dass solches Wetter -Kaiserwetter im
wahrsten Sinne des Wortes - der Feier beschieden sei. Durch vereinte Kräfte
sei es gelungen, etwas Großes zu schaffen. Dem „Harzklub, dieser großen
Vereinigung“, der sich um Erschließung so mancher schöner Punkte in unserer
engeren Heimat verdient gemacht hat, verdanken wir dieses Schöne auf dem
Knollen. Der Redner kam dann noch auf die früher herrschenden traurigen
politischen Zustände zu sprechen und erinnerte an jene Zeiten, da man von
hier oben in 6 verschiedene Staaten schauen konnte. Der Traum unserer Väter
- das geeinte Deutschland - sei sodann herrlich erfüllt, und eine lange
gesegnete Zeit des Friedens sei den Menschen beschieden worden. Er ermahnte
die Jugend, allzeit fest und treu zu Kaiser und Reich zu stehen, und ließ
seine Rede ausklingen in ein Hoch auf den Schirmherrn des Reiches, Kaiser
Wilhelm II. Brausend erschallten die Hochrufe von der Höhe zu den Tälern.
Dann ergriff der Harzklubvorsitzende Dr.
Tischmann das Wort. Er wies auf die vor 4 Wochen erfolgte Einweihung eines
anderen Turmes, des „Bismarck-Kummelturmes“ hin, welcher als ein
„Wahrzeichen Lauterbergs“ und der näheren Umgebung gelten könne. Heute aber
seien die Menschen hier versammelt, um dem K n o l l e n t u r m die Weihe
zu geben, der weit höher als jener, als Wahrzeichen für den S ü d h a r z
weithin sichtbar sei. Der alte abgebrochene hölzerne Turm würde heute, da
die Bäume immer mehr himmelwärts streben, nicht mehr dem Bedürfnis der
Allgemeinheit genügt haben. An dessen Stelle trete nunmehr dieser steinerne
Turm, der dem ganzen Harzklub gehöre, dessen vorjährige Hauptversammlung in
Altenau einen ansehnlichen Betrag dazu bewilligt habe. Doch schwere Opfer
erfordere es, ein solches Unternehmen zustande zu bringen. Der Turm ist 19
Meter hoch und etwa 4 Meter im Durchmesser; 94 Stufen führen zu seiner
Spitze. Die Baukosten sind auf rund 8 000 Mark zu veranschlagen, eine Summe,
welche von fachmännischer Seite als billig bezeichnet wurde.
Der Redner stattete dann seinen Dank ab
an jene Zweigvereine, welche zu den Kosten des Turmes beigetragen haben und
noch weitere Opfer bringen wollen. Er schloss mit einem Hoch auf das
Wachsen, Blühen und Gedeihen des Harzklubs, und der Gesangverein ließ mit
einem fröhlichen Lied die allgemeine Stimmung steigen.
Die Beschreibung des nun folgenden
ersten Besteigens des neuerbauten Turmes war in der Begeisterung kaum noch
steigerungsfähig: -„. .. Jeder, der den Aufstieg unternommen hatte, wurde
für seine Mühe reichlich belohnt. Infolge seiner imposanten Höhe gewährt der
Turm einen großartigen Ausblick. Hat man erst die Stufen zu der Plattform
erklommen, so genießt man einen unvergleichlich schönen Blick auf herrliche
Gebirgsszenerien und auf weit ausgedehnte Flächen der Ebene. Mit Recht galt
die Rund- und Fernsicht vom Knollenturm von jeher als eine der lohnendsten
in der ganzen Umgebung. Das trifft nun umsomehr zu, als kein emporstrebender
Baumwipfel den freien Ausblick hemmend beeinflusst. So war der Eindruck ein
allseits hochbefriedigender, und dankbar gedachte man des Harzklubs, der
dieses herrliche Werk geschaffen. Möchten Tausende von Harzbesuchern sich
des großartigen Panoramas erfreuen. .
. "
Rund um den Hausberg - Heimatbeilage des
Bad Lauterberger Tageblattes, 14.Juli 1984, 14.Juli 1984, Festschrift, 1904
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